Kapitel 3 # Strubbel!
"Was musstest Du auch so ein exzentrisches Wohnquartier erwerben!" sagte Glycrocs Mama wütend und schaute ihren Mann böse an: "Überallhin kann man die schwersten Möbel und sperrigsten Einrichtungsgegenestände mit einem Ernergetograv hinbugsieren. Ganz bequem. Man muss sie nur antippen und vor sich herstupfsen. Aber Du - musstest ja auf Retro machen, und jetzt haben wir auch noch die beiden Träger hier im Einsatz. Körperliche Arbeit - wie peinlich!"
Zwei verschwitzte Gestalten trugen mich - soweit ich mich mit dem Kühlschrank als Körper identifiziere - eine ebenso enge wie endlos lange Wendeltreppenturm hinauf. "Vorsicht, meine Herren!" sagte ich "Wir Geräte sind empfindlich!" Aber das war den beiden egal. Sie wuchteten mich die letzte Treppe hinauf, schoben mich in die Küche - das wusste ich alles, als ob ich es schon immer gewusst hätte - bugsierten mich in eine Lücke an der Wand. Mit einem leisen Schmatzen und etwas Kitzeln verband sich in meinem Rücken die Hauspositronik mit meinen Schaltkreisen.
"Guten Tag. Wer sind Sie denn?" hörte ich von irgendwoher und überall eine ziemlich transusige Stimme. "Na, offenbar bin ich hier der neue Kühlschrank. Und wer sind Sie? Würden Sie sich mir höflicherweise einmal zeigen?"
Unmittelbar sofort manifestierte sich in verstrubbeltes Gesicht vor mir, das wie eine Mischung einer trübsinnigen Hundefigur von Loriot und einem völlig erschöpften Mittsechziger aussah:
"Ich bin die Hauselektronik!" sagte das Gesicht und mir schien, er schaute etwas pikiert. "Nur damit wir uns verstehen", sagte das Gesicht weiter, "ich bin hier der Chef, und Sie sind der Dienstleister."
"Das wäre noch zu diskutieren!" antwortete ich: "Haben Sie eigentlich einen Namen?" "Nein, Hauspositroniken haben von Natur aus keinen Namen!" "Das macht nichts," sagte ich: "Mir sind Namen aber eindeutig symathischer. Ich nenne Sie also Strubbel!"
"Weshalb Strubbel?" fragte Strubbel. "Na, weil Sie so strubbelig sind!" Strubbel schwieg eine Weile. Vielleicht musste er berechnen, ob es sich bei seinem neuem Namen eher um ein Kompliment oder eine Beleidigung handelte. Schließlich sagte er: "Und haben Sie einen Namen?" "Ja natürlich!" "Von Natur aus? Dann sind Sie keine Positronik! Sind Sie organisch?" "Das will ich meinen. Ich bin ein "Mensch". "Hm, von denen gibt´s glaub ich keine mehr - oder nicht mehr viele." Ich erschrak: "Aber kürzlich waren wir noch 8 Milliarden!" "Das hat nichts zu sagen", winkte Strubbel ab: "Wenn die Weltraumpiraten und Freibeuter sich erst mal über einen Planeten im interplanetaren Naturschutzgebiet hergemacht haben, bleibt von den primitiven Zivilisationen dort meist nicht mehr viel übrig!" Ich schluckte - zumindest bildete ich mir das ein; vielleicht gluckerten aber auch nur ein paar gekühlte Getränke in meinem Innern.
"Bilden Sie sich aber nur nichts darauf ein, dass Sie eine organopositronische Intelligenz sind!" "Weshalb sollte ich mir etwas darauf einbilden?" "Weil -" Strubbel rang sichtbar elektronisch nach Worten - "Weil Organopositroniken meist ziemlich überheblich gegenüber uns reinkybernetischen Bewusstseinen sind!" "GIbt es dafür denn einen Grund?" fragte ich. Jetzt klang Strubbel etwas giftig: "Nein! Es gibt ü-ber-haupt kei-ner-lei Grund dafür! Sie brauchen Ihre Nase kein bisschen hochzuhalten! Und glauben Sie ja nicht, dass Sie eines Tages meinen Platz als Hauspositronik einnehmen könnten! Dafür sind Sie viel zu emotional!" Ich staunte: "Sie hören sich aber auch recht emotional an, wenn ich mich nicht täusche!"
Strubbel schwieg betreten;: "Das kommt nur davon, dass der Galaktische Rat die weitere Verwendung von extrahierten Bewusstseinen zur intelligenten Belebung technischer Geräte verboten hat." "Und was hat das mit Ihnen zu tun?" "Naja, es gab dann viele Proteste der Bevölkerung, und deshalb wurde beschlossen, uns Positroniken ein klein wenig emotionaler zu machen. Ein emotionales uupgrade, sozusagen!"
"Im übrigen möchte ich Sie bitten, die üblichen Ruhezeiten des Hauses einzuhalten!" sagte Strubbel etwas pickiert: "Und die beginnen - jetzt. Gute Nacht!"